Das digitale Zeitalter wird oft als Informationszeitalter beschrieben. Das Internet hat eine unglaubliche Vielfalt an Plattformen hervorgebracht, auf denen man sich über Politik informieren kann. Das müssten für Demokratien goldene Zeiten sein. Doch das genaue Gegenteil wird beklagt. Inzwischen gibt es weitgehende Einigkeit über die Krise der westlichen Demokratien. Forscher sehen sogar eine Tendenz zur Rückkehr zu autoritären Regimen. Wie kann das sein? Gewährt nicht das Informationszeitalter gerade auch mehr Informationsfreiheit? Trotzdem scheinen sich Menschen von der Demokratie abzuwenden. Umfragen zeigen immer wieder, dass die Wähler schlecht informiert sind.
Quantität statt Qualität
Das Grundproblem besteht darin, dass die Quantität der Information zugenommen hat und nicht ihre Qualität. So wird der interessierte Bürger heute mit Informationen innerhalb eines kurzen Zeitraumes überschwemmt. Aktualisiert sich gerade ein politisches Thema, zum Beispiel die Abschaffung des Solidaritätsbeitrages, berichten an erster Stelle Nachrichtenkanäle darüber im Stundentakt.
Bei den öffentlich-rechtlichen Sendern folgt häufig eine Abfolge von Talkshows mit Interviews zu dem aktuellen Thema, sobald es die Schlagzeilen der Zeitungen beherrscht. Im Internet kommt dann in den sozialen Medien als Echokammer der Politik eine ungefilterte Kommentierung des Sachverhalts in großem Maßstab hinterher.
Ehe man jedoch etwas Hintergrundwissen vermittelt bekommt, ist das Thema vom Tisch. Die Halbwertzeit von politischen Inhalten ist dramatisch gesunken. Außer den ganz großen Dauerbrennern wie der Flüchtlingsdebatte hören wir von vielen Konflikten schon nach ein paar Wochen so gut wie gar nichts mehr. Dabei hatten die Kommentatoren oft gerade noch davon gesprochen, wie unlösbar oder wie dramatisch der politische Konflikt sei.
Politische Berichterstattung ist längst Teil einer Entertainment-Industrie geworden, die tagtäglich um Aufmerksamkeit für ihre Kanäle kämpft. Der mündige Bürger aber wird seiner Mündigkeit beraubt, wenn er dadurch nicht mehr weiß, was wirklich Sache ist.
Talkshows sind trügerisch
Talkshows und Sommerinterviews vermitteln den Eindruck, als hätte man ausreichend Gelegenheit, den Standpunkt eines Politikers oder Experten genau kennenzulernen. Wer kritisch hinhört, wird das Gegenteil bemerken. Gerade wenn ein Sprecher in einer Show in die Details gehen will, werden wir feststellen, dass der Moderator unterbricht. Oft wird auch durch andere Teilnehmer eines Talks unterbrochen. Was man am Ende mitnimmt, sind Bruchstücke und vorwiegend emotional aufgeladene Momente. Diese müssen keineswegs den Standpunkt des eingeladenen Politikers präsentieren.
Zuhören statt zusehen
Ein guter Weg, sich wirklich über eine Person, ihren Standpunkt und ihre Absichten zu informieren, ist es, Hörbücher kostenlos zu politischen Themen zu beziehen. Sie wurden von den meisten bekannten Persönlichkeiten des öffentlichen politischen Lebens veröffentlicht. Neben fundierten Leitartikeln sind sie eine hervorragende Quelle, um sich eingehend zu informieren. Zitate, die aus dem Zusammenhang gerissen wurden, rücken einen Politiker nur allzu oft in ein falsches Licht. Lernen wir die Person besser kennen, kann es auch interessant sein, ihr in ihrem politischen Tun zu folgen.
Heute gibt es verschiedene Kanäle, eine Debatte im Bundestag oder eine Pressekonferenz in voller Länge zu hören und zu sehen. Wenn man nun schon etwas mehr über den Kontext weiß, kann dies eine sehr spannende Sache sein und vor allem helfen, sich wirklich ein zutreffendes Bild über das politische Geschehen zu machen.