Obwohl Artikel 20, Absatz 2 des deutschen Grundgesetzes im Wortlaut vorsieht dass das sogenannte Staatsvolk seine Gewalt „in Wahlen und Abstimmungen“ ausübt, ist bis auf zwei Fälle nur Ersteres vorgesehen, womit die Regierungsform in Deutschland fast ausschließlich als repräsentative Demokratie bezeichnet werden kann.
Die beiden Fälle, die laut Grundgesetz einen Volksentscheid auf Bundesebene vorsehen, sind:
1. Den Ersatz des Grundgesetzes durch eine neue Verfassung
2. Die Neugliederung des Bundesgebietes.
Der zweite Fall wird zusätzlich noch dadurch eingeschränkt, dass dann nur die direkt von der Neugliederung des Gebietes Betroffenen, also die Bewohner eines Bundeslandes oder einer Region bei dem Volksentscheid stimmberechtigt wären.
Ein Volksentscheid auf Bundesebene hat seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 in der Tat nie stattgefunden.
Volksentscheide auf Landesebene
Die Möglichkeit, Volksentscheide durchzuführen, existiert in Deutschland in der Praxis ausschließlich auf Landesebene, wo sie vor allem in den Anfangsjahren der Bundesrepublik und der Gliederung des Bundes in Bundesländer genutzt wurde.
So wurden acht der damaligen zehn Landesverfassungen 1949 per Referendum von der Bevölkerung angenommen. Darüber hinaus boten alle bis 1950 verabschiedeten Landesverfassungen die Möglichkeit der Gesetzgebung durch Volksentscheid, der sogenannten Volksgesetzgebung. Durch spätere Verfassungsänderungen wurde in den meisten Bundesländern jedoch wieder darauf verzichtet.
So kam außer in Bayern 1968 bis 1997 zu keinem einzigen Volksentscheid. Erst mit der deutschen Wiedervereinigung 1990 und der Aufnahme der DDR in die Bundesrepublik änderte sich dies, sodass bis 1996 alle Landesverfassungen wieder eine Volksgesetzgebung zuließen.
Abgesehen von Bayern, Berlin und Hamburg gelten die gesetzlichen Hürden allerdings als so hoch, dass in der Praxis kaum bis gar keine Volksentscheide stattfinden. Anders verhält es sich auf Kommunalebene, wo die Hürden für Bürgerentscheide niedriger gesetzt sind.
Quorum
Von entscheidender Bedeutung für die Zulassung und den Erfolg eines Volksentscheides sind in Deutschland die in den Landesverfassungen vorgeschriebenen Quoren, also die zu erzielenden Mehrheiten oder auch Beteiligungsquoten an einem Volksentscheid. Ebenso schreiben die Bundesländer in stark variierender Form Fristen und Formalia vor, beispielsweise, was die Art betrifft, in der die Stimmen gesammelt und einem jeweiligen Amt vorgelegt werden.
Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid
Das Herbeiführen eines Volksentscheids erfordert in allen Bundesländern die vorherige Stimmensammlung in ausreichender Zahl und unter Beachtung eines Themenausschlusses vor.
Der erste Schritt zur Erwirkung eines Volksentscheids ist eine Volksinitiative (in Sachsen Volksantrag, in Bremen und Thüringen Bürgerantrag)
Eine Übersicht über die benötigte Zahl an Unterschriften findet sich hier, in der Tabelle im unteren Seitenbereich.
Erst wenn die nötige Unterschriftenzahl erreicht und die vorgegebene Frist eingehalten ist, kann die Volksinitiative im jeweiligen Landesparlament zur Debatte gebracht werden. Dennoch ist das Parlament dann frei, die Initiative abzulehnen.
Erst, wenn das Parlament eine Volksinitiative abgelehnt hat, kann, wiederum unter Einhaltung einer Frist und mit den nötigen Unterschriften bei Einhaltung des Themenausschlusses, ein Volksbegehren herbeigeführt werden.
Die Bedingungen, die die Landesverfassungen dafür vorsehen, finden Sie hier, in der Tabelle im unteren Seitenbereich
Ist dieses erfolgreich, so sind alle notwendigen Hürden für die Durchführung eines Volksentscheids genommen.